Geschichten

Aus Wiki Quartier 21
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Hier sammeln wir Geschichten aus dem Quartier und aus den Zeiten davor. Es sind merkwürdige, lustige und berührende Ereignisse, die hier dokumentiert werden (sollen). Schreibt gerne auf, was ihr in diesem Sinne erlebt habt, und fügt es hier hinzu. Wir beginnen mit 3 amüsanten Geschichten aus der Zeit vor dem Quartier 21 und ganz am Anfang, und dann schildern wir den sicherlich berührendsten Moment In der Geschichte des Quartier 21.

• Der Bürgermeister sucht Wasser.

Die folgende Geschichte haben wir in den Memoiren des Hamburger Bürgermeisters Schröder gefunden, der amtierte, als das AK Barmbek gebaut wurde. Er schildert die zunächst erfolglose Suche nach Brunnenwasser für die Pumpenhäuschen und den Wasserturm und, wie unmittelbar sich ein Hamburger Bürgermeister in der damaligen Zeit um die Lösung von Problemen gekümmert hat.

Man hatte bereits vergeblich an mehreren Stellen bis zu 200 m tief nach Wasser gebohrt als der Direktor des Ohlsdorfer Friedhofs Cordes vorschlug, es einmal mit Wünschelruten zu versuchen. Obwohl der Bürgermeister am Erfolg einer solchen Aktionen stark zweifelte, hat er sich dennoch darauf eingelassen, weil „ein solcher Versuch niemals schaden könnte.“ Man traf sich also an einem vermutlich ungemütlichen Morgen im Januar des Jahres 1909 und nahm die vom Friedhofsdirektor geschnittenen Ruten fest in die Hand und ging los. „Plötzlich merkte ich einen Ruck in meinen Händen und sah die Spitze der Rute sich langsam bodenwärst senken. Herrn Cordes‘ Rute zeigte genau dieselben Erscheinungen.“ Und tatsächlich fand man einige Tage später an dieser Stelle in nur circa 60 m Tiefe eine starke Wasserader. Exakt an dieser Stelle wurde das südliche Pumpenhaus am breiten Durchgang zur Fuhlsbüttler Straße gebaut.

• Der verschwundene Hummelbrunnen

Vorweg sei allen nicht in Hamburg aufgewachsenen Nachbarn erklärt, was es mit der Figur des Hans Hummel auf sich hat. Bevor es in Hamburg Wasserleitungen gab, war Herr Hummel als Wasserträger unterwegs mit einer über seine Schultern gelegten Trägerstange, an der links und rechts zwei schwere Wassereimer hingen. Wenn er durch die Straßen ging, ärgerten ihn die Kinder, riefen ihm „Hummel, Hummel“ hinterher, und er antwortete „Mors, Mors.“ Das ist plattdeutsch und die Kurzform für „Leck mich am Arsch.“ Hamburger begrüßen sich daher gerne, in dem der eine ruft: „Hummel, Hummel“, und der andere „Mors, Mors“ antwortet. Das ist unsere Art von Humor. Hummel-Figuren findet man in Hamburg vielfach. Im alten AK Barmbek, zunächst vor Haus 38 (AJL 8 - 12), später vor dem Schwestern-Casino stand ein Brunnen mit einer Hummel-Figur. Er stand dort auch noch an dem Tag, als das Konsortium unter der Führung von Hamburg Team das Quartier 21 von der Stadt Hamburg kaufte, war aber kurz danach verschwunden und blieb trotz intensiver Suche und Strafanzeige wegen Diebstahls etliche Jahre verschollen. Bis zu dem Tag, an dem der für das Quartier 21 bei Hamburg Team verantwortliche Projektleiter, Bastian Humbach, seine kranke Mutter im neuen AK Barmbek besuchte und dort im Lichthof den Hummel-Brunnen entdeckte. Es folgt Schriftverkehr über den Vorgang, und am Ende macht Hamburg Team den Hummel-Brunnen dem neuen AK Barmbek zum Geschenk. Nun steht er also dort im Lichthof frei zugänglich und liebevoll restauriert, allerdings wegen der in einem Krankenhaus strengen Hygienevorschriften ohne sprudelndes Wasser, stattdessen sollen blaue Glasscherben an den Brunnen erinnern.

- Knack, Knaak oder Knaack

Wer in der Alfred-Johann-Levy-Straße wohnt, der wünscht sich beim Ausfüllen von Adressformularen, dass Herr Levy (verdienter Inhaber eines Elektro-Fachgeschäftes in Barmbek und als freier Demokrat aktiv gegen den Nazi-Faschismus) einen etwas kürzeren Namen gehabt hätte. Vielleicht einfach nur Alfred Levy. Da haben die Nachbarn im Andreas-Knack-Ring mehr Glück gehabt. Herr Knack (Direktor des AK Barmbek, als Jude und Sozialdemokrat verfolgt) hieß mit vollem Namen Andreas Valentin Knack. Andreas-Valentin-Knack-Ring ist ihnen als Adresse erspart geblieben. Dafür hatten sie anfangs andere Probleme. Die für die Aufstellung der Straßenschilder zuständige Stelle hat das Schild am WDW-Kreisel komplett vergessen, und weil alle Besucher, Taxen, Boten umhergeirrt sind, haben wir ein Provisorium angebracht. Und dort, wo richtige Schilder standen, konnte sie sich nicht entscheiden, ob Knack oder Knaak richtig ist und hat deshalb einige Schilder mit Andreas-Knack-Ring und einige mit Andreas-Knaak-Ring aufgestellt. Und um die Verwirrung komplett zu machen, heißt die Straße in einem der gängigen Navigationssysteme Andreas-Knaack-Ring. Mittlerweile sind alle Straßenschilder an der richtigen Stelle mit dem richtigen Namen: Andreas Knack.


• Das schwebende Zelt

Es ist das erste Sommerfest nach dem Einzug der Bewohner in das Quartier 21. Und es ist das erste und bislang einzige Mal mit unbeständigem Wetter. Gleich zu Beginn ziehen dunkle Wolken auf und bringen Wind und einen Schauer. Gut, dass der Quartiersverein so umsichtig war und ein großes Zelt hat aufbauen lassen. Darin können sich die meisten der Besucher unterstellen.

So geht es einige Minuten ganz gut, bis eine besonders starke Windböe über den Campus fegt. Sie bläht das Zelt auf, und trotz Verankerung hebt es einige Zentimeter ab und setzt sich dann wieder. Alle bekommen einen Schreck und freuen sich, dass gleich danach der Himmel aufreißt und sie unbekümmert weiter feiern können. Der Quartiersverein zieht seine Schlüsse und baut kein zweites Mal ein so großes Zelt auf, und die kleinen Pavillons werden extra doll verankert. Seither macht das schlechte Wetter ein Bogen um unser Sommerfest.


• Austin

Der 4. Mai 2020 ist ein sehr, sehr trauriger Tag im Quartier 21. Austin, der wenige Tage später seinen achten Geburtstag feiern sollte, ist gestorben. Sechseinhalb Monate hat Austin gegen eine sehr seltene Krankheit, eine äußerst aggressive Form von Diffuse intrinsische Ponsgliom (DIPG) gekämpft und am Ende verloren. Seine Eltern, Judy und Thomas sind tieftraurig, sie haben alles versucht, haben ein Crowdfunding organisiert, und viele Nachbarn haben gespendet, haben Flohmärkte und anderes unternommen, damit genug Geld für die letztmögliche Behandlung zusammenkommt. Das ist gelungen, aber war vergeblich. Das Quartier ist wie gelähmt vor Entsetzen, und dann passiert etwas sehr Schönes, Berührendes. Judy und Thomas lassen uns mittrauern, sie beantworten die unbefangenen Fragen der Quartierskinder, was denn nun mit Austin passiert. In der Quartierspost veröffentlichen sie einen Nachruf für Austin. Darin heißt es zum Schluss:

„Es tut uns gut und hilft uns sehr, dass uns so viele liebe Menschen beistehen. Es tröstet uns, dass Austin unauslöschlich in den Herzen vieler Menschen bleiben wird, und sein Lächeln sie immer wieder inspirieren wird. Wir sind dankbar und glücklich über die Spuren die Austin für uns alle hinterlässt.“

Obwohl wegen der COVID – Pandemie ein Lockdown herrscht, findet auf dem Campus eine Zusammenkunft vieler Nachbarn und Freunde der Familie statt. Dort ist für Austin an der Südseite ein Baum gepflanzt worden, ein Gingko. Er ist heute noch leicht erkennbar, um ihn herum liegen Schmucksteine, die seine Spielkameraden dort abgelegt haben. In der Quartierspost heißt es dazu:

„Dieser Baum wird dort mindestens so lange stehen, wie Austin hätte leben sollen. Wir werden uns um den Baum kümmern, darauf aufpassen, dass er dort gut wächst, immer genug Wasser und Nährstoffe bekommt. Der Gingko wird uns dabei helfen, um Austin zu trauern, er gibt uns dafür einen Platz. Und er wird uns immer wieder an Austin erinnern.“

Wir stehen auf dem Campus in dem gebotenen Abstand und sind uns zugleich ganz nah. Wir hören einen Freund der Familie auf seiner Violine spielen und halten weiße Luftballone in unseren Händen. Wir lassen sie hoch in den Himmel fliegen und fühlen den Satz, den Judy und Thomas uns aufgeschrieben haben:

„Am 4. Mai 2020, um 3:58, starb Austin in unseren Armen, breitete seine Engelsflügel aus und hat uns und diese Welt friedlich verlassen.“